Mit dem Probefahrtkennzeichen nach Deutschland – geht das?
Bewilligungen und Kriterien
»Ich setz mich hinter das Lenkrad und probier’s einfach mal aus.«
Mit diesen Worten könnte eine Privatperson den Begriff der Probefahrt beschreiben. Tatsächlich gibt es in Österreich jedoch nicht nur klare Regeln, was darunter zu verstehen ist, auch eine behördliche Bewilligung ist dafür erforderlich. Erst wenn diese erteilt wurde, gibt die zuständige Zulassungsstelle ein Probefahrtkennzeichen (»blaues Kennzeichen«) aus. Gemeinsam mit dem Probefahrtschein, der gewissermaßen die Rolle einer »Zulassung« zum Kennzeichen spielt, sind die formalen Grundlagen für Probefahrten geschaffen – zumindest innerhalb der Grenzen Österreichs.
Wichtig ist, dass eine solche Bewilligung nicht an Privatpersonen ausgestellt wird, sondern beispielsweise an gewerbliche Betriebe (Handel, Transport, …) oder auch Gerichtssachverständige (z. B. für Verkehrsunfälle). Die eigentliche Durchführung einer Probefahrt kann jedoch wieder durch Privatpersonen erfolgen, z. B. durch den Kunden eines Autohauses, das seinerseits über die Bewilligung verfügt.
Was als Probefahrt gilt, ist im Kraftfahrgesetz (KFG 1967) festgeschrieben. Die Kriterien, die sich daraus ergeben, lassen sich grob in zwei Gruppen unterteilen:
- Probefahrten durch Kunden:
- Fahrten zur Überführung des Fahrzeugs durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeugs vom Verkäufer
- Überlassen des Fahrzeugs für die Dauer von maximal 72 Stunden
- Probefahrten durch Inhaber der Bewilligung:
- Fahrten zur Überführung des Fahrzeugs im Rahmen des Geschäftsbetriebs
- Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeugs, beispielsweise Typisierung
- Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit und Leistungsfähigkeit, beispielsweise eine Überprüfung gemäß §57a KFG
Speziell bei den Fällen 1a), 1b) oder 2a) können jedoch Probleme auftreten, wenn es über die Grenzen Österreichs hinaus gehen soll, etwa nach Deutschland.
Die Fahrt nach Deutschland
Im Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr haben die Vereinten Nationen im Jahr 1968 festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Nutzung von Fahrzeugen international möglich ist. Nötig ist eine gültige Zulassung in einem Mitgliedsland sowie eine Bescheinigung (Zulassungsschein), die bestimmte Mindestangaben enthält. Die behördliche Bewilligung für Probefahrten und das Probefahrtkennzeichen erfüllen diese Voraussetzungen leider nicht.
Daher ist es letztlich Sache eines jeden einzelnen Landes, ob das Probefahrtkennzeichen anerkannt wird oder nicht. Auch innerhalb der EU gibt es dafür keine allgemeine Regelung. Mit Stand Anfang 2022 kann das Kennzeichen etwa in Ungarn genutzt werden, während Tschechien dies ablehnt.
In Deutschland ist die Nutzung des Probekennzeichens möglich, sofern im Fahrzeug ein Zusatzblatt zum Probefahrtschein mitgeführt wird. Auf diesem müssen jene Informationen vermerkt sein, die im Wiener Übereinkommen festgelegt sind.
Bei einer Probefahrt gemäß Kraftfahrgesetz ist es wichtig, den Startpunkt der Fahrt zu berücksichtigen. Laut einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 11.03.2004 darf sich ein Fahrzeug nicht in Deutschland befinden, wenn das österreichische Probekennzeichen daran angebracht wird. Anders gesagt: Die Überstellung eines Fahrzeugs mit dem blauen Kennzeichen funktioniert als Einbahnstraße.
Sofern die zuvor beschriebenen Rahmenbedingungen passen, darf eine Überstellung von Österreich nach Deutschland also mit dem österreichischen Probefahrtkennzeichen erfolgen, jedoch nicht in der Gegenrichtung. Ebenso wenig darf das blaue Kennzeichen genutzt werden, wenn eine Probefahrt im Sinne der Überlassung des Fahrzeugs für maximal 72 Stunden (Punkt 1b der obigen Beschreibung) in Deutschland beginnen würde.
Und die Gegenrichtung?
Speziell für Betriebe, bei denen Fahrzeuge in beide Richtungen bewegt werden, mag auch ein Blick auf die deutsche Seite interessant sein. Denn auch Deutschland kennt Kurzzeitkennzeichen für Probe- und Überstellungsfahrten. Doch auch die funktionieren nach dem beschriebenen »Einbahnprinzip«: Beginnt die Fahrt in Deutschland, ist alles in Ordnung. Eine Anbringung dieses deutschen Kennzeichens an einem Fahrzeug, das im Ausland steht, in diesem Fall also Österreich, ist verboten.
Kurz gesagt: In beiden Richtungen gibt immer jenes Land den Ausschlag, in dem die Fahrt beginnt.