Wer darf blaue Kennzeichen beantragen?
Es gibt klare Regelungen, wer ein Probefahrtkennzeichen besitzen oder beantragen darf. Ganz vereinfacht gesagt besteht diese Möglichkeit nur für Firmen oder Personen, die es in einem gewerblichen Rahmen nutzen wollen.
Wer aber genau dafür in Frage kommt, steht im Kraftfahrgesetz von 1967, §45.
1. Erzeugung und Instandsetzung
Bei der Auflistung, wer das Kennzeichen beantragen darf, findet sich im Gesetz folgendes Zitat:
»… im Rahmen seines gewerblichen Betriebs, gewerbsmäßig oder zur Versorgung einer größeren Anzahl von Fahrzeugen des eigenen Betriebs, mit der Erzeugung oder Instandsetzung von Kraftfahrzeugen und Anhängern befasst …«
Dies umfasst eine recht große Bandbreite an Betrieben. Was mit der Erzeugung gemeint ist, sollte eigentlich klar sein: Autohersteller, können Probefahrtkennzeichen beantragen, um sie bei der Überprüfung der Fahrtüchtigkeit zu verwenden.
Der Punkt mit der Instandsetzung ist hingegen zweigeteilt.
Zum einen sind damit die klassischen Werkstätten gemeint, zu denen Herr und Frau Österreicher ihre Autos zur Reparatur bringen. Wer so ein gewerbliches Unternehmen betreibt, darf ebenfalls blaue Taferl beantragen.
Zum anderen fallen aber auch Firmen darunter, deren Geschäftszweck nicht im Bereich der Herstellung und Instandsetzung von Fahrzeugen liegen muss, die aber einen Fuhrpark unterhalten. Denn auch sie können Werkstätten betreiben, die jedoch nur für die eigenen Fahrzeuge gedacht sind und dem Normalkunden nicht zur Verfügung stehen.
Vorstellbar wäre dies beispielsweise für Speditionen oder Taxiunternehmen. Deren eigentliches Geschäftsmodell ist ja die Beförderung von Menschen und Gütern. Falls sie aber eigene Werkstätten betreiben, um diese Dienste zuverlässig leisten zu können, steht auch ihnen der Weg zur Beantragung von Probefahrtkennzeichen offen.
2. Handel
Damit ist der gewerbsmäßige Handel gemeint. Wer als Privatperson seinen Gebrauchtwagen an den Nachbarn verkaufen will, darf kein blaues Taferl beantragen. Erst mit einer aktiven bzw. gültigen Gewerbeberechtigung im Bereich Fahrzeughandel (mittels GISA-Auszug der Gewerbebehörde) steht der Weg zum Probefahrtkennzeichen offen.
Vereinfacht gesagt: Autohäuser dürfen es beantragen.
3. Beförderung von Fahrzeugen
In diese Kategorie fallen verschiedene Varianten von Fahrten, die aber wiederum im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit erfolgen müssen:
- Fahrten zur Feststellung der Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit
- Fahrten, um das Fahrzeug vorzuführen
- Die »Abholung« des Fahrzeugs vom Verkäufer durch einen Käufer
- Fahrten zu einem Ort, an dem das Fahrzeug geprüft oder begutachtet wird
- Die Überführung von Fahrzeugen der Klassen M2, M3, N2 oder N3 im Auftrag von Fahrzeugherstellern oder -händlern
Dabei umfasst die Klasse M Kraftwagen zur Personenbeförderung mit mindestens vier Rädern. Unter M2 und M3 fallen Omnibusse mit mehr als acht Sitzplätzen exklusive Fahrersitz. Bei M2 liegt die zulässige Gesamtmasse unter, bei M3 über 5.000 kg.
Die Klasse N umfasst Lastkraftwagen zur Güterbeförderung. Bei N2 liegt die Masse zwischen 3.500 und 12.000 kg, bei N3 über 12.000 kg.
4. Prüfung im öffentlichen Interesse
Der Wortlaut im Gesetz ist hierzu:
»… eine Anstalt oder ein Betrieb […], der sich im öffentlichen Interesse mit der Instandsetzung oder Prüfung von Fahrzeugen befasst …«
Damit sind Betriebe gemeint, die Gutachten nach §57a (im Volksmund »Pickerl«) durchführen dürfen. Darunter fallen einerseits gewerbliche Kfz-Werkstätten, aber auch die Autofahrerclubs wie der ARBÖ würde die Voraussetzungen erfüllen.
(Anmerkung: Nach Auskunft des ARBÖ hat der Club einige blaue Kennzeichen im Einsatz, nutzt sie aber praktisch ausschließlich für den eigenen Fuhrpark, also eigentlich im Sinne des Punktes 1. Trotzdem könnte er sie aber etwa auch für §57a-Gutachten bei Erstzulassungen verwenden.)
5. Service und Reinigung
Was damit gemeint ist, sollte eigentlich selbsterklärend sein, wobei auch hier wieder der gewerbliche Betrieb eine notwendige Voraussetzung ist. Der Begriff »Service« würde schon in weiten Teilen von Werkstätten abgedeckt, die als Gewerbebetriebe bereits zum Beantragen von blauen Kennzeichen berechtigt sind. Dieser Punkt weitet dies nun aber auch auf Betriebe aus, die sich etwa mit der Reinigung von Kfz beschäftigen.
6. Sachverständige
Beeidete Sachverständige, die in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste eingetragen sind, dürfen blaue Kennzeichen beantragen, sofern sie Fachleute für bestimmte vorgegebene Themen sind. Eine umfassende Liste der Fachgebiete findet sich im Gesetz. Grundsätzlich dreht es sich dabei hauptsächlich um die Bewertung und Analyse von Unfällen, Schäden oder Reparaturen, aber beispielsweise auch um die Auswertung von Fahrtenschreibern.
7. Weitere Voraussetzungen
Wer einen der Punkte 1 bis 6 erfüllt, hat grundsätzlich das Recht ein blaues Kennzeichen zu beantragen. Zusätzlich ist es aber nötig, glaubhaft zu machen, warum Probefahrten im Sinne des Gesetzes überhaupt durchgeführt werden müssen. Weiters muss für jedes beantragte Kennzeichen eine Versicherungsbestätigung vorgelegt werden.
Und nicht zuletzt muss der Antragsteller oder die Antragstellerin als hinreichend verlässlich betrachtet werden. Das bedeutet, dass innerhalb der letzten sechs Monate keine früher erteilte Bewilligung zur Verwendung des blauen Taferls wegen Missbrauchs entzogen wurde, und dass keine steuerlichen Bedenken bestehen.